Auf den Inhalt kommt es an – Eine Entlassfeier voller Bedeutung

Rothenburg, 25. Juli 2025 – ein Tag, an dem mehr als nur Noten zählten.

Von Alina Zagel (Fotos: Ellen Neidenberger)

Es ist 8:45 Uhr. Vor der ehrwürdigen St. Jakobskirche versammelt sich eine Schar Jugendlicher – aber es sind nicht mehr die gleichen Teenager, die vor sechs Jahren ihre Reise an der Oskar-von-Miller-Realschule antraten. In schicken Kleidern, eleganten Anzügen – zum Teil sogar im Dreiteiler – wirken sie heute erwachsener, aufrechter, fast schon befreit. Auch Eltern und Lehrkräfte zeigen sich von ihrer feierlichen Seite. Es ist spürbar: Dies ist kein gewöhnlicher Morgen – es ist der Beginn eines neuen Kapitels.

Ein Gottesdienst mit Geschmack

In der kühlen Kirche empfangen Herr Schmelzer und Frau Hofmann die 85 Zehntklässlerinnen und Zehntklässler zu einem Abschlussgottesdienst, der liebevoll inszeniert wurde – und sich ganz dem Motto widmet: „Auf den Inhalt kommt es an“. Symbolisch beginnt die Predigt mit einem Schluck Bier – gefolgt von einem imaginären Cocktail aus süßen, sauren und neutralen Zutaten: Metaphern für die Schulzeit, ihre Höhen, Tiefen und das Dahinplätschernde. Die Parallele zur biblischen Erzählung von der Wasser-Wein-Wandlung macht Mut: Auch aus weniger prickelnden Momenten lässt sich mit Gottes Hilfe Gutes schöpfen. „Jeder Tropfen trägt zum vollen Geschmack des Lebens bei“, sagt Ch. Schmelzer – Worte, die bleiben. Zum Abschluss gibt es irische Segenswünsche mit dem großen Wunsch „Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott dich fest in seiner Hand“ – und ein graviertes Caipirinha-Glas als Geschenk.

Bühne frei für Erinnerungen und Erfolge

Nur wenige Straßen weiter: Die Aula der Realschule gleicht einem bestuhlten Ozean. Auf der Leinwand sind die Werke der Klasse 10d zu sehen – eine virtuelle Ausstellung, die bei dem einen oder anderen Ankommenden Staunen weckt. Dann leuchtet in goldenen Lettern „Abschlussfeier 2025“ auf. Die Gespräche verstummen, die Aufregung steigt. Das Bläserensemble eröffnet den offiziellen Teil mit „Fanfare“ – kraftvoll und feierlich.

Die Konrektorin, Stefanie Bacigalupo, eröffnet die Veranstaltung und würdigt besonders die Leistungen der Absolventinnen und Absolventen – aber auch die Geduld und Unterstützung ihrer Eltern. Der Chor singt „Chim Chim Cheree“, ein Lied, das dazu aufruft, den Kopf zu heben und den Blick über den Tellerrand zu richten. Dann wird’s kreativ: Schulleiter Alexander Müller verwandelt sich in einen Barkeeper und mixt symbolische Cocktails für jede Wahlpflichtfächergruppe. Jede Zutat steht für Erlebnisse, Gelerntes und Verhasstes, jeder Cocktail ist ein Symbol der zurückgelegten Schulzeit mit einer „100% Vertrauen Mische“, also ohne die Zutaten abzumessen. Das soll verdeutlichen, dass jeder Cocktail – würde man mehrere mit denselben Zutaten fertigen – dennoch anders und individuell schmecken würde. Alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse haben denselben Unterricht genossen und doch sind bei jedem von den verschiedenen Zutaten unterschiedliche Mengen hängen geblieben. Der Inhalt macht den Cocktail dann zu etwas Besonderem, so wie die individuellen Unterschiedene der einzelnen Jugendlichen sie zu wunderbaren Unikaten machen.

Goldene Ballons und große Gefühle

Auf der Bühne: schwarze Kulisse, goldene und transparente Luftballons, mittendrin leuchten die Zahlen 2025. Die Spannung steigt. Nacheinander werden die Klassen aufgerufen. Jetzt gibt es die Zeugnisse, Jahresberichte, eine Rose, einen Händedruck oder eine herzliche Umarmung – feierlich, persönlich, würdevoll. Präsentationen auf der Leinwand zeigen den Wandel der letzten sechs Jahre – äußerlich und innerlich. Applaus begleitet jeden Schritt – warm, laut und ehrlich.

Im Anschluss singt der Chor „Beispiel daran“ von Julia Meladin, wobei es sich um eine Hymne auf Individualität handelt. Man soll und man braucht sich nicht verbiegen oder ständig vergleichen lassen, sondern auf das setzen, was einen ausmacht.

Worte, die in Erinnerung bleiben

Die Vertreterinnen des Elternbeirats, Manuela Scherer und Regine Geißendörfer, sprechen mit besonderer Wärme – schließlich standen heute auch ihre eigenen Kinder auf der Bühne. Sie betonen: Es geht nicht nur um Noten. Vielmehr haben die Jugendlichen Geduld, Frustrationstoleranz, Teamgeist und Organisation gelernt – Fähigkeiten, die künftig zählen. Veränderung sei nie leicht, aber: „Umarmt die Veränderung!“, lautet ihr Rat.

Dann betritt Emma Schmidt, die Schülersprecherin, die Bühne. Ihre Worte sind klar und bewegend: „Wir haben in diesen sechs Jahren mehr gelernt als das, was in den Büchern steht.“ Sie dankt Eltern, Lehrkräften und Freunden für die Begleitung, die Geduld und die Motivation. Sie blickt auf die freudigen Momente, in denen in den Pausen gelacht wurde und Freundschaften geschlossen wurden, zurück. Etwas wehmütig und doch sichtlich stolz stellt sie fest: „Jetzt beginnt unser nächstes Kapitel.“ Großer Applaus folgt.

Oberbürgermeister Herr Dr. Naser kann sich den Worten von Emma nur anschließen und gibt ergänzend für die Zukunft, die manchmal auch etwas beängstigend sein kann, weil sie noch unbekannt ist, mit: „Mut ist nicht die Abwesenheit von Furcht. Mut ist, wenn man sich seinen Ängsten stellt.“ Anschließend geht er auf die unglaublich herausragende Leistung von Jana Hahn ein, die mit einem Notendurchschnitt von 1,0 als Jahrgangsstufenbeste geehrt wird.

Dann folgt ein weiterer Höhepunkt der Feier: die Ehrung der Klassenbesten– ein Moment voller Stolz, Anerkennung und leuchtender Augen.

Den Auftakt macht der Ier-Zweig, vertreten durch Anna-Lena Heß von der Firma Neuberger Gebäudeautomation GmbH. Hanna Scherer und Lorenz Eberlein, die einen bemerkenswerten Notenschnitt von 1,5 erzielt haben, betreten sichtlich stolz und doch etwas verlegen die Bühne. Heß betont, wie sehr gerade die Technikbranche junge Menschen brauche, „die Bestehendes weiterführen und Neues anstoßen“ – eine klare Einladung an die beiden und ihre Generation, Verantwortung zu übernehmen.

Im IIer-Zweig, dem wirtschaftlichen Bereich, übernimmt Mario Heilig von der VR-Bank Mittelfranken Mitte eG die Ehrung. Er selbst ist ein ehemaliger Schüler der Realschule. In seiner Rede würdigt er ein weiteres Mal Jana Hahn, die auch ihn mit ihrem 1,0-Schnitt schwer beeindruckt: „Die Schülerin hat ein tiefes Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge gezeigt, das über das Normale hinausgeht. Ich lehne mich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass sich jeder Unternehmer glücklich schätzen kann, wenn so eine herausragende Schülerin in seiner Firma anfängt“, sagt er mit sichtlicher Bewunderung.

Im IIIa-Zweig, dem Französisch-Zweig, wird es kreativ: Herr Müller schlüpft – wie schon zuvor – in eine neue Rolle und übernimmt stellvertretend für Heidi Treiber vom Textilhaus Haller GmbH / Modegeschäft LOLA. Mit Charme verliest er ihre Laudatio. Die Beste im Fach Französisch, Lucy Jezierny, und die Klassenbeste, Helene Ehrlicher, werden für ihr sprachliches Feingefühl und ihre interkulturelle Offenheit und für ihren Biss, auch Schwierigkeiten zu bewältigen, gelobt – Eigenschaften, die nicht nur im Beruf, sondern auch im Leben zählen.

Abschließend kommt der IIIb-Zweig, der Kunst-Zweig, zu Ehren. Herr Müller verwandelt sich erneut – diesmal in Herrn Schneider vom Rotabene Medienhaus! Schneider Druck GmbH. In dessen Namen lobt er die Klassenbeste Lilo Gruber, die mit einem Notenschnitt von 1,27 nicht nur ihre Klasse anführt, sondern auch Zweitbeste des gesamten Jahrgangs ist.

Auch bei diesen Ehrungen wird deutlich: Hier zählt nicht nur die Zahl auf dem Zeugnis. Engagement, Persönlichkeit und innere Haltung sind die Werte, die heute im Rampenlicht stehen – ganz im Sinne des Mottos: „Auf den Inhalt kommt es an.“

Ein letzter Blick zurück – und viele nach vorn

Den krönenden Abschluss bildet die Verleihung des Hinckeldey-Preises durch Prof. Dr. Markus Hirte. Vier Jugendliche der Klasse 10d, Max Baß, Kathleen Garrell, Mara Özenoglu und Oliwia Wilczynska, wurden für ihr Engagement für den Röderturm, für den sie die Informationstafeln aktualisieren, ausgezeichnet, da sie einen Beitrag zur Stadtgeschichte leisten, der bleibt.

Dann verwandelt sich Herr Müller ein letztes Mal – diesmal zurück in den Schulleiter. Er bedankt sich – persönlich und mit einem Augenzwinkern. Und dann singt er: „Was ich noch zu sagen hätte, dauert eine Zigarette“. Aus dem Publikum schallt es zurück: „… und ein letztes Glas im Stehen.“

Die Türen der Schule öffnen sich. Draußen wartet ein gemeinsamer Umtrunk – und vielleicht auch der erste Schluck in ein neues Leben. Ein Leben, das die Jugendlichen ab jetzt selbst füllen dürfen. Denn, wie dieser Tag gezeigt hat: Auf den Inhalt kommt es an.